

Matthias Walch: «Auch in Zukunft setzen wir konsequent auf intelligente und nachhaltige Lösungen in der Haustechnik.» (Bilder: zVg)
Fery Lipp
«Wir legen grossen Wert auf Kundennähe»
Ob in der Trinkwasserversorgung, industriellen Anwendungen oder in Kälte- und Chemieanlagen – Rohrleitungssysteme und ihre Verbindungen sind das Rückgrat jeder gebäudetechnischen Infrastruktur. Georg Fischer gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Kunststoff-Rohrleitungssystemen. Im Gespräch mit Matthias Walch, GF Rohrleitungssysteme Schweiz, sprechen wir über neue Verbindungstechniken, digitale Assistenzsysteme, Herausforderungen in der Praxis – und über die Frage, wie ein Rohrsystem in Zukunft nicht nur dicht, sondern auch intelligent sein kann.
Matthias Walch, GF ist weltweit für seine Kunststoff-Rohrleitungssysteme bekannt. In welchen Anwendungsbereichen sehen Sie aktuell den grössten Zuwachs – Trinkwasser, Industrie, Kälte, Chemie?
Unsere ausgewogene Präsenz in Infrastruktur, Industrie und Gebäudetechnik eröffnet uns Chancen in vielfältigen Anwendungsfeldern. Die wachsende Nachfrage nach energieeffizienten Gebäuden und prozesskritischen Industriesystemen mit hohen Anforderungen an einen zuverlässigen Flüssigkeitstransport bietet uns attraktive Wachstumsperspektiven. Mit der Übernahme und Integration von Uponor bündeln wir unsere Stärken in einem einheitlichen Portfolio für Flow Solutions und bieten zukunftssichere, nachhaltige Systeme für den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes – effizient, kompatibel und anwenderfreundlich. Die positiven Reaktionen auf der ISH auf unsere gemeinsame Vision für intelligentere Wasserlösungen bestätigten das Interesse und die Relevanz des gemeinsamen Portfolios und die Breite unserer Innovationen.
Wie lösen Sie technisch saubere und dauerhafte Übergänge zwischen Kunststoff- und Metallrohrsystemen – etwa in Sanierungen oder beim Stockwerksanschluss?
Der Systemwechsel von Kunststoff- auf Metallrohr- oder auf Metallrohverbundsysteme in der Sanierung ist ein zentrales Thema. Die Verbindung von unterschiedlichen Werkstoffen mit unterschiedlichen Eigenschaften erfordert eine sorgfältige Auswahl. Wird z.B. eine Sanierung mit unseren Systemen JRG Sanipex und JRG Sanipex MT ausgeführt, lassen sich die Verbindungstechniken beider Systeme bis zu einer bestimmten Dimension flexibel und sicher miteinander kombinieren. An Schnittstellen zu anderen Systemen kommen in der Regel systemspezifische Übergänge mit Gewindeanschlüssen zum Einsatz, die sich zuverlässig miteinander verschrauben lassen. Oftmals bieten sich auch Lösungen mit speziellen Fittings auf Metallrohre wie zum Beispiel unsere Klemmverbinder aus dem Sortiment Primoit- oder die UNI-Kupplung an.
Bei potentieller Korrosionsgefahr durch galvanische Elemente empfiehlt sich ein Blick in das SVGW-Merkblatt W10018 «Korrosion durch galvanische Elemente bei der Verbindung verschiedener Werkstoffe von Trinkwasserleitungen in Haustechnikanlagen». Es enthält praxisnahe Empfehlungen und Lösungsansätze für korrosionssichere Verbindungen unterschiedlicher Materialien.
Wie stellt GF sicher, dass Ihre Verbindungssysteme für Trinkwasserinstallationen den hohen hygienischen Anforderungen in der Schweiz entsprechen – insbesondere im Hinblick auf Totvolumen, Biofilmbildung und Stagnation?
Ein Biofilm bildet sich in jedem Trinkwassersystem. Entscheidend ist, dass es kein ungesunder Biofilm ist - zu hoher Anteil von z.B. Legionellen oder Pseudomonen. Stagnation in der Trinkwasserinstallation ist daher unbedingt zu vermeiden. Das Rohrleitungssystem hat hier nur einen geringen Einfluss. Ausschlaggebend sind eine korrekte Planung sowie fachgerechte Ausführung der Installation.
Seit über 20 Jahren legen wir grossen Wert darauf, Toträume in Armaturen und Rohrleitungssystemen gezielt zu vermeiden, respektive Fittings so zu konstruieren, dass sie hydraulisch optimal durchströmt werden und keine Ablagerungen begünstigen. Unsere JRG-LegioStop-Armaturen in Kombination mit JRG Sanipex und JRG Sanipex MT ermöglichen eine komplett totraumfreie Installation.
Welche technischen oder normativen Besonderheiten sehen Sie im Schweizer Markt im Vergleich zu internationalen Anforderungen – etwa bei Installationsvorgaben, Werkstoffwahl oder Zertifizierungen (SVGW, SSIGE)?
Die Schweiz ist in europäischen Normungsgremien aktiv vertreten und bringt dort ihre Interessen ein. Gleichzeitig hat sie sich auch verpflichtet, relevante EU-Normen zu übernehmen, wodurch eine gewisse Angleichung stattfindet. Die relevanten Unterschiede zum internationalen Vergleich zeichnen sich durch besonders hohe Anforderungen an die Installation sowie auch deren Qualität und Sicherheit aus. Die SVGW-zertifizierten Systeme erfüllen teils strengere Anforderungen hinsichtlich Materialverträglichkeit, mikrobiologischer Unbedenklichkeit aber auch mechanischer Dauerfestigkeit, was Planern, Installateuren und Behörden als verbindliche Referenz dient. Mit den Regelwerken des SVGW (z.B. die Richtlinienreihe W3) werden auch technische und normative Besonderheiten in unserer Installationstechnik berücksichtigt.
Welche Verbindungslösungen haben sich in der Praxis auf Schweizer Baustellen besonders bewährt – auch unter beengten Platzverhältnissen oder in der Sanierung?
Wie eingangs erwähnt haben sich über die Jahre hinweg verschiedene Verbindungstechnologien etabliert, die sich vor allem durch ihre Sicherheit, Qualität und Montagefreundlichkeit bewährt haben. Stecksysteme, wie z.B. unser iFIT-System, bieten dort, wo die Platzverhältnisse eng sind, und Flexibilität gefordert ist, eine schnelle und zuverlässige Montage. Mit der Bördelklemmverbindung, auf die wir beim System JRG Sanipex seit über 40 Jahren setzen, können sämtliche Installationen mit höchsten Anforderungen realisiert werden. Aber auch die etablierten Pressverbindungen bieten effiziente und schnelle Verbindungsmöglichkeiten – bis hin zu grösseren Dimensionen, wie wir sie bei unserem Uni-Pipe-&-S-Press-System im Portfolio haben.
Welche Massnahmen trifft GF in Bezug auf Recyclingfähigkeit, CO2-Fussabdruck und nachhaltige Rohstoffe im Bereich Rohrleitungssysteme?
Wir orientieren uns aktiv an den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, indem Produktionsabfälle recycelt und möglichst viele Materialien, dort wo es technisch sowie auch rechtlich zulässig ist, wiederverwendet werden. Im vergangenen Jahr haben wir einen Grossteil des Umsatzes mit Nachhaltigkeitsprodukten erzielt: 76% davon waren auf Produkte oder Lösungen, die einen ökologischen sowie auch sozialen Nutzen für unsere Kunden bieten, zurückzuführen. Aber auch mit eigenen Massnahmen in den Werken, durch verstärkten Einsatz von erneuerbaren Energien, die Umstellung auf energieeffizientere Maschinen sowie Abwärmenutzung konnten erhebliche Fortschritte zur Senkung des CO?-Ausstosses erzielt werden. Im Vergleich zum Basisjahr 2019 sank dieser um 50% (Scope 1 und 2).
Wie wirken GF-Systeme bei der Haustechnik aktiv der Gefahr von Undichtigkeiten entgegen? Gibt es intelligente Sicherheitsmerkmale in den Verbindungskomponenten?
Unsere Systeme im Bereich Haustechnik wurden gezielt so entwickelt, dass sie aktiv zur Vermeidung von Undichtigkeiten beitragen. Zwei Beispiele zu unserem langjährigen System JRG Sanipex und unserem neu gelaunchten System Uni Pipe & S-Press:
Unsere JRG-Sanipex-Bördelklemmverbindung ist eine Verbindungstechnik mit Regelfunktion. Das bedeutet, dass temperaturbedingte Materialstärkenveränderungen im Bereich der Verbindung durch eine Tellerfeder kompensiert werden. Dadurch wird ein konstanter Anpressdruck sichergestellt, was eine dauerhafte Dichtheit gewährleistet. Das durchflussoptimierte System ist spannungsfrei montierbar, wodurch eine hohe Langzeitdichtigkeit erreicht wird.
Das Uni-Pipe-&-S-Press System bietet zusätzliche Sicherheitsmerkmale: Die Fittings verfügen über eine sogenannte «Leckage-Erkennung» – das heisst, wenn eine Verbindung beim Verpressen vergessen wird, wird dies bei der Druckprüfung sofort sichtbar, da Wasser gezielt an der undichten Stelle austritt. So werden Installationsfehler zuverlässig erkannt. Darüber hinaus verhindern die Mehrfach-Dichtungen und die robuste Bauweise mechanisch verursachte Undichtigkeiten – selbst bei anspruchsvollen Einbaubedingungen.
Beide Systeme vereinen somit intelligente Sicherheitsfunktionen mit hochwertigen Materialien und bieten dadurch maximale Betriebssicherheit über Jahrzehnte.
Welche Rolle spielt die einfache und fehlerfreie Montage bei der Entwicklung neuer Verbindungssysteme? Gibt es Systeme, die ohne Spezialwerkzeuge auskommen?
In der heutigen Zeit, in der wir uns mit Fachkräftemangel auf dem Bau, den wachsenden hygienischen Anforderungen und der Erwartung nach kosteneffizienten Installationssystemen konfrontiert sehen, sind auch wir als Hersteller gefordert, einfache und sichere Verbindungssysteme zu entwickeln, respektive bestehende laufend zu optimieren. Von ebenso hoher Bedeutung ist, dass trotz der Einfachheit gültige Vorschriften und Normen an Systemverbindungen erfüllt werden. Hinzu kommt, was meiner Ansicht nach den Erfolg einer Verbindungstechnik massgeblich beeinflusst, die Akzeptanz, Zufriedenheit sowie das Vertrauen in die Verbindungstechnik der Installateure auf der Baustelle. Daher legen wir an unseren Standorten neben der Entwicklung ebenfalls grossen Wert auf die Aus- und Weiterbildung unserer Kunden.
Es gibt heute verschiedene Systeme auf dem Markt, die ohne oder nur mit einfachem Spezialwerkzeug verarbeitet werden können. Die klassische Rohrgewindeverbindung die z.B. unsere Tempergussfittinge aufweisen, können weltweit mit handelsüblichen Rohrzangen verarbeitet werden.
Das iFIT- Stecksystem braucht als einfaches spezielles Werkzeug ein Anfas-/Kalibriertool aus dem Sortiment sowie eine handelsübliche Rohrschere oder einen Rohrabschneider, um einen geraden Rohrschnitt bei der Ablängung zu gewährleisten.
Wie kompatibel sind Ihre Systeme mit anderen marktüblichen Komponenten? Gibt es bewusst herstellerübergreifende Standards oder wird auf geschlossene Systemlösungen gesetzt?
Um die Sicherheit unserer Installationssysteme zu gewährleisten, setzen wir in erster Linie auf geschlossene Systeme, die in ihrer Systemeinheit geprüft sind (Rohr-Fitting-Verbindung). Die Kompatibilität ist immer über eine genormte Gewindeverbindung gegeben. Gleichzeitig ist uns auch bewusst, dass in der Praxis Lösungen zu anderen Systemen gefragt sind. Für diese Zwecke bieten wir eine breite Auswahl an Adapterlösungen an wie z.B. Flanschverbindungen, Gewindeverbindungen, Klemmverbinder für Metallsysteme (Primofit) sowie auch für Kunststoffrohre (Multi-&iJoint), etc. Diese Komponenten ermöglichen fachgerechte Anschlüsse an viele im Markt gängigen Systeme.
Wie unterstützt GF Installateure, Planer und Generalunternehmer in der Schweiz bei der Auswahl, Verarbeitung und langfristigen Bewertung Ihrer Verbindungssysteme?
Wir als Verkaufsgesellschaft Schweiz legen grossen Wert auf Kundennähe. Unsere Aussendienst-Mannschaft im Bereich Haustechnik – bestehend aus über 15 erfahrenen Fachkräften – betreut unsere Kunden direkt vor Ort und pflegt enge, partnerschaftliche Beziehungen. Von der technischen Beratung, Produktschulung über die detaillierte Planung bis hin zur langfristigen Systembetreuung. Feedbacks aus den Besuchen oder Erkenntnisse aus der Praxis sowie auch aktuelle Markttrends lassen wir kontinuierlich in die Weiterentwicklung unserer Systeme und Prozesse einfliessen.
Unterstützt wird unser Aussendienst von uns aus der Technikabteilung sowie weiteren engagierten Kollegen in Kundeninnendienst und Marketing. Darüber hinaus bringen sich einige unserer Mitarbeiter aktiv in die Aus- und Weiterbildung ein – sei es durch Unterricht in der Lehrlings- oder Erwachsenenbildung oder als Experten bei Fachprüfungen. Zudem engagieren wir uns in verschiedenen Fachgruppen und Verbänden und wirken bei der Ausarbeitung von Normen und Regelwerken mit.
Welche technologischen Entwicklungen sehen Sie als wegweisend für die nächsten Jahre – z.B. integrierte Sensorik, intelligente Verbindungselemente oder selbstüberwachende Systeme?
Vielleicht wäre als Titel: «Vernetzte Zukunft – die Haustechnik denkt mit» passend. Wir haben bereits einige Technologien im Einsatz. Zusätzlich werden Sensorik, Automatisierung und intelligente Systeme in der Haustechnik künftig eine noch zentralere Rolle spielen. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz werden diese Systeme nicht nur intelligenter, sondern auch deutlich effizienter und nachhaltiger: Sie erkennen Betriebsmuster, analysieren Daten in Echtzeit und optimieren Anlagen automatisch.
Welche neuen Produkte oder Verbindungssysteme hat GF für die Haustechnik in der Schweiz kürzlich lanciert – und welche technologischen Innovationen sind in den nächsten Jahren zu erwarten?
Unter dem Slogan «Presse mit den Besten – Qualität, die sich auszahlt» haben wir vor gut zwei Monaten das Uni-Pipe-&-S-Press-System in der Schweiz eingeführt. Ein Rohrsystem für Trinkwasser- und Heizungsinstallationen sowie weitere Anwendungen in Neubau und Sanierung, das auf der Kombination von flexiblen, stabilen Multilayer-Rohren und hochwertigen PPSU-Pressfittings basiert. Die Verbindung erfolgt über ein zuverlässiges Pressverfahren, das eine dauerhafte Dichtheit gewährleistet.
Auch in Zukunft setzen wir konsequent auf intelligente und nachhaltige Lösungen in der Haustechnik. Neue Technologien werden dabei nicht nur unsere Systeme, sondern auch die Herstellung unserer Produkte prägen – Sie dürfen gespannt sein!
Zur Person
Matthias Walch (42), Bereichsleiter Technik Haustechnik, GF Rohrleitungssysteme Schweiz, ist gelernter Spengler-Sanitärinstallateur mit Weiterbildung zum eidg. dipl. Sanitärinstallateur, und seit August 2015 als Technischer Berater und Produktmanager bei GF Rohrleitungssysteme Schweiz tätig; seit April 2023 als Bereichseiter Technik Haustechnik.
Vor dem Wechsel zu Georg Fischer war er als Projekt- und Serviceleiter in ausführenden Betrieben tätig. Aktuell wirkt er noch im Branchenverband in der Technischen Kommission Sanitär mit.