Hochwasser

Am 11. Juni 2024 erreichte der Pegel des Bodensees seinen Höchststand. Dabei versanken die ufernahen Bereiche von Gottlieben TG im Wasser. (Bilder: A.Walker)

05.10.2024
Andreas Walker

Hochwasser und sanitäre Anlagen

Starkregenfälle verursachten im Sommer immer wieder Überschwemmungen. Zudem erreichte im Juni 2024 der Bodensee einen Hochwasserstand, der mehrere Wochen andauerte. Solche Situationen treten immer wieder auf und können eine Herausforderung für sanitäre Einrichtungen darstellen.

Starke und anhaltende Niederschläge im Juni und Juli haben an vielen Orten zu Hochwasser geführt. Der Pegel des Bodensees lag seit Anfang Juni über der Hochwassergrenze und Starkniederschläge und Gewitter haben in der zweiten Junihälfte vor allem im Wallis und Tessin Flüsse und Bäche extrem ansteigen lassen. Überschwemmungen und Murgänge verursachten grosse Schäden an Siedlungen und Infrastruktur. Dabei kamen mehrere Menschen ums Leben.

Die Auswirkungen von Hochwasser auf die Wasserversorgung können gravierend sein, wenn infolge Hochwasser die Infrastruktur der Trinkwasserversorgung beschädigt wird.

Der Eintritt von verunreinigtem Hochwasser in das Gebäude eines Grundwasserbrunnens kann z.B. Pumpstationen beschädigen oder elektronische Steuerungselemente ausser Betrieb setzen. Wenn Flutwasser in den Brunnenschacht gelangt, muss der Brunnen aufwendig gereinigt werden. Weitere Probleme ergeben sich, wenn durch Dauerregen oder Murgänge im aufgeweichten Boden Trinkwasserleitungen frei gelegt oder zerstört werden. Die Reparatur dieser Einrichtungen ist kostspielig und erfordert auch viel Zeit. Dies kann zu einer Unterbrechung der Wasserversorgung führen, die im Extremfall Tage oder Wochen dauern kann.

 

Massnahmen bei Hochwasser

Wenn die Trinkwasserinstallation in einem Gebäude mit Hochwasser in Kontakt gekommen ist, ist es empfehlenswert, die betroffenen Installationen zu reinigen und zu spülen. In Gebäuden mit erhöhten hygienischen Anforderungen wie zum Beispiel in Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern, und bei Verdacht einer Keimbelastung, ist das Wasser zudem in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt weitergehend zu untersuchen.

Simon Streit, Holinger AG, Geschäftsbereichsleiter Wasserversorgung, Zürich, schildert die Massnahmen, wenn bei Hochwasser Trinkwasserinstallationen mit verkeimtem Überflutungswasser in Kontakt kommen:

«Trinkwasseranlagen der öffentlichen Wasserversorgungen sind mit Objektschutzmassnahmen gegen Hochwasser zu schützen. Sind diese Massnahme unzureichend oder nicht umgesetzt, kann es zu Beeinträchtigungen kommen. Die betroffenen Anlagen sind sofort vom Verteilnetz zu trennen, damit eine grossflächige Kontamination des Trinkwassers verhindert werden kann. Die betroffenen Anlagenteile sind zu desinfizieren und dürfen erst wieder für die Trinkwasserversorgung verwendet werden, wenn das Trinkwasser wieder der Lebensmittelgesetzgebung entspricht. Der Nachweis mittels Laboranalysen ist zwingend notwendig. Bei einer Trinkwasserverunreinigung sind die kantonalen Lebensmittelinspektorate zwingend miteinzubeziehen. Wenn eine Gefahr für die Bevölkerung besteht, ist diese umgehend zu informieren.»

Mit kleinen Mauern vor den Eingängen wurden in Berlingen die Gebäude vor Hochwasser geschützt.

Mit kleinen Mauern vor den Eingängen wurden in Berlingen die Gebäude vor Hochwasser geschützt.

Die Uferpromenade in Rorschach SG stand am 10. Juni unter Wasser.

Die Uferpromenade in Rorschach SG stand am 10. Juni unter Wasser.

Vor 25 Jahren wurde beim Pfingsthochwasser die Region des Verkehrshauses in Luzern überschwemmt.

Vor 25 Jahren wurde beim Pfingsthochwasser die Region des Verkehrshauses in Luzern überschwemmt.

Der Hochwasser führende Rhein bei der Mündung in den Bodensee am 23.05.1999.

Der Hochwasser führende Rhein bei der Mündung in den Bodensee am 23.05.1999.

Simon Streit weist darauf hin, dass es einen wichtigen Unterschied gibt, ob Anlagen durch ein Hochwasser oder durch Starkregen geflutet werden. Abwasserreinigungsanlagen (ARAs) liegen fast ausschliesslich unterhalb der Siedlungsgebiete, weil das Abwasser frei zufliesst (gravitärer Zufluss). Häufig liegen die ARAs darum in Talsenken, an Flüssen oder Seen. Somit ist eine Gefährdung durch Hochwasser aufgrund des Standortes oft nicht auszuschliessen. Simon Streit erklärt: «Der Gefährdung durch Hochwasser kann bei Infrastrukturbauten (Abwasserreinigungsanlagen, Abwasserpumpwerke, Trinkwasserversorgungsanlagen etc.) durch Objektschutzmassnahmen entgegengetreten werden. Zwar kann nicht verhindert werden, dass ein Hochwasser eintritt. Es kann jedoch vorgesorgt werden, dass das Hochwasser keine oder nur geringfügige Schäden verursacht.» So muss bei Um- oder Neubauten von Gebäuden in einer Gefährdungszone bei Einreichung des Baugesuchs aufgezeigt werden, wie mit den Objektschutzmassnahmen die Risiken infolge Hochwasser beherrscht werden können.

Sofern die Gefährdung erkannt und korrekt eingeschätzt ist und die Anlagen gemäss den heute gültigen Standards (Fachverbände wie SIA, SVGW, VSA etc.) erstellt, erneuert oder ergänzt wurden, sind die Infrastrukturbauten und Hausinstallationen gegen Hochwasser bestmöglich geschützt und das Risiko für eine gravierende Beeinträchtigung im Betrieb ist minimal.

Infolge Starkregen kommt es in den Kanalisationssystemen regelmässig zu Entlastungen in die Gewässer. Das heisst, Abwasser tritt aus der Kanalisation aus in die Gewässer, wodurch das Gewässer belastet wird.

Diese Entlastungen werden bei der Auslegung des Kanalsystems berücksichtigt. Die maximale Menge an Abwasser, das entlastet werden darf, ist vorgeschrieben (Stand der Technik wird durch VSA definiert). Simon Streit ergänzt: «Entlastungen gehören somit zur Normalität und sind deshalb nicht per se ein Problem. Es spielt im Einzelfall eine Rolle, wie viel Abwasser entlastet wird, welche Qualität dieses aufweist und in welches Gewässer eingeleitet wird. Während einem Extremereignis ist ein flächendeckender Eingriff/Steuerung in die Entlastungen kaum realistisch. Vielmehr muss proaktiv ein funktionierendes Entwässerungssystem geplant, erstellt, unterhalten und betrieben werden.» Die Gesetzgebung schreibt vor, dass die Gemeinden einen Generellen Entwässerungsplan (GEP) erarbeiten müssen. Das Konzept des Generellen Entwässerungsplans wurde 1991 im Gewässerschutzgesetz verankert. Dabei ist das Ziel, dass jede Gemeinde den Zustand seiner Entwässerungsinfrastruktur und der von diesen betroffenen Gewässern kennt und ein Konzept erstellt, wie und wann Defizite behoben werden.

 

Schwammstadtmassnahmen

In jüngster Vergangenheit sind auch Schwammstadtmassnahmen vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Eine Schwammstadt funktioniert nach folgendem Prinzip: Sie saugt Regenwasser auf speichert es und gibt es den Pflanzen und dem Wasserkreislauf während der immer häufigeren Hitze- und Trockenperioden wieder zurück. Bei Starkregenfällen kann die Schwammstadt die Risiken durch Oberflächenabfluss eindämmen und helfen, schwere Schäden zu vermeiden. Dazu braucht es möglichst durchlässige und lebendige Böden sowie genügend Retentionsraum mit anschliessender Verdunstung und Versickerung. Deshalb sollten bei jedem Neubau und bei jeder Sanierung die Böden nicht mit herkömmlichem Asphalt versiegelt werden, sondern versickerungsfähige Beläge verwendet, Grünflächen und Begrünung (insbesondere Baumpflanzungen) zur Verdunstung Versickerung geschaffen und die Dächer begrünt werden.

 

Der vollständige Beitrag ist in p+i 06/24 erschienen


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