Licht

28.02.2024
Markus Frutig

Das richtige Licht zur richtigen Zeit

Gutes Licht beeinflusst biologische Uhren, fördert Wachsamkeit und Wohlbefinden. «Integratives Licht» berücksichtigt diese wichtigen Aspekte. Denn falsche Lichtbedingungen können diverse Erkrankungen begünstigen. Oliver Stefani präsentierte dazu am Swiss Lighting Forum neuste Forschungsergebnisse.

In Nordamerika und Europa verbringen Menschen durchschnittlich 90 % des Tages in Innenräumen, meist unter künstlichem Licht, was sich von der natürlichen Licht-Dunkelheit im Freien unterscheidet. Draussen reicht die Beleuchtungsstärke von 120 000 Lux mittags bis unter 0,001 Lux in mondlosen Nächten. Innerhalb von Gebäuden mit elektrischem Licht entkoppeln wir uns von diesem Hell-Dunkel-­Rhythmus weitestgehend. Solche Bedingungen wären für Computerarbeit zwar unakzeptabel, aber Tageslicht bietet auch andere einzigartige Faktoren wie zum Beispiel die Polarisation und farbliche Veränderungen, während der goldenen und blauen Stunde, wie die Autoren Dr. Oliver Stefani und Prof. Björn Schrader an der HSLU in der Publikation «Daylight as a role model»1 detailliert erläutern.

 

Tageslicht für menschliche Physiologie

Am Swiss Lighting Forum betonte Stefani denn auch: «Der natürliche Hell-Dunkel-­Rhythmus, mit wenig Licht in der Nacht und ausreichendem Licht tagsüber, ist ein wichtiger Zeitgeber für eine genaue biologische Uhr.» Die Synchronisation mit dem externen 24-Stunden-Tag wird hauptsächlich durch Lichtwahrnehmung über retinale Projektionen – im Speziellen Melanopsin – zur zentralen Uhr im Gehirn, dem suprachiasmatischen Nukleus (SCN), vermittelt. Der SCN steuert die physiologischen Rhythmen im Körper. Störungen durch künstliches Licht können zu verschiedenen Krankheiten führen, besonders bei einem Mangel an Tageslicht und zu viel Licht am Abend und in der Nacht. Seine wichtige Botschaft: «In unseren Schlafzimmern sollten wir für einen gesunden Schlaf darauf achten, dass wir 1 Lux (lx, mEDI) nicht überschreiten.»

 

Historischer Kontext

Jahrhundertelang war Tageslicht ein wesentliches Kriterium im architektonischen Design. Im letzten Jahrhundert begann jedoch die Abhängigkeit von künstlichem Licht zu dominieren. Energieeffizienzmassnahmen führten zu einer verringerten Lichtdurchlässigkeit von Fenstern. Erst 2018 wurde mit der Norm EN 17037 «Tageslicht in Gebäuden» ein Standard eingeführt, der die Nutzung von Tageslicht fördert.

 

Nicht visuelle Lichteffekte

Lichtnormen beziehen sich in der Regel auf Arbeitsplätze und berücksichtigen vor allem die visuellen Bedingungen. Jedoch sind auch nicht visuelle Effekte des Lichts wichtig, wie die Beeinflussung der inneren Uhr. Blaues und weisses Licht mit einem hohen Anteil an kurzen Wellenlängen kann abends die natürliche Zunahme der Schläfrigkeit und die Melatonin-Produktion dämpfen. Die Integration dieser Aspekte in das Lichtdesign wird als «Integrative Lighting» – früher als Human Centric Lighting (HCL) bekannt – bezeichnet. Empfehlungen für nicht visuelle Aspekte sind jedoch relativ neu und noch nicht in Vorschriften integriert.

Anhand eines Beispiels erläuterte Oliver Stefani, wie man die neusten Erkenntnisse der Wissenschaft in die Praxis umsetzen kann. Der mit dem Deutschen Lichtdesign-Preis ausgezeichnete Kontrollraum der Fluglotsen von Skyguide in Dübendorf bringt chronobiologische Anforderungen und Lichtdesign in Einklang.

 

Warum Lichtdosimetrie wichtig ist

Die Bedeutung der täglichen Lichtexposition wird oft unterschätzt. Tragbare Lichtdosimeter könnten helfen, das Mysterium zu entschlüsseln. Sie messen die Lichtgeschichte in der Nähe des Auges und berücksichtigen Standards wie CIE S 026.

 

Zukunft der Lichtbewertung

Die Beurteilung einer komplexen Beleuchtungsumgebung und der individuellen Lichtgeschichte mit Lichtloggern kann helfen, eine ausgewogene Lichtexposition zu gestalten, die unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden unterstützt. Dies erfordert ein tiefes Verständnis der Interaktion menschlicher Photorezeptoren und deren Einfluss auf neurobehaviorale, neuroendokrine und zirkadiane Funktionen.

 

Fazit

Oliver Stefani erläuterte abschliessend: «Die Qualität und Menge des wahrgenommenen Lichts ist ein komplexer Prozess, der von vielen Umgebungsfaktoren beeinflusst wird. Für die Zukunft ist es entscheidend, dieses Wissen in evidenzbasierte Anforderungen für eine Lichtumgebung zu übersetzen, wobei Energieeffizienz und Nachhaltigkeit im Kontext der menschlichen Gesundheit und des Tageslichtzugangs betrachtet werden sollten.» 


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