Haus mit Aufdach-PV-Anlage: E-Auto ist verbunden mit Ladestation und wird grad direkt mit Solarstrom geladen. (Foto: Reto Karrer)
Rüdiger R. Sellin / PW
Gut kombiniert: PV-Anlage + E-Mobilität
Der Boom von PV-Anlagen (Photovoltaik) auf dem eigenen Hausdach beflügelt den Traum vom energieautarken Haus. Dies bedingt einen hauseigenen und immer noch teuren Hausakku, um die Überschussenergie speichern und später nutzen zu können. Spannend wird es, wenn man den Akku eines Elektroautos in die Gesamtbetrachtung einbezieht.
Eine zunehmende Anzahl von Liegenschaftseigentümern betreiben auf ihren Hausdächern eine Photovoltaik-Anlage (PV), welche beinahe ganzjährig Strom erzeugt, besonders viel jedoch von Frühjahr bis Herbst und vor allem tagsüber. Im nebelreichen Spätherbst oder im Winter mit schneebedecktem Dach reduziert sich die hauseigene Stromproduktion schnell. Die meisten PV-Anlagen speisen die nicht zeitgleich im Haus verbrauchte elektrische Energie einfach ins öffentliche Stromnetz. Weil die Rückvergütung der lokalen Stromversorger je nach Marktlage Schwankungen unterliegt und meist nur wenig attraktiv ist, drängt sich eine möglichst hohe Eigennutzung oder ein heimischer Akku zur Zwischenspeicherung an.
Hausakku als Zwischenspeicher
Ein Hausakku speichert überschüssige, also nicht selbst zeitgleich verbrauchte Energie, für den späteren Verbrauch. Ohne Hausakku wird die überschüssige Elektrizität ins Netz des Energieversorger geliefert.
Ähnlich wie bei PV-Panels existieren auch bei den Hausakkus zahlreiche Anbieter mit unterschiedlichen Technologien und Speichertechniken. In den letzten 15 Jahren haben sich Lithium-Ionen-Akkus (Li-Ionen) breit durchgesetzt. Im Vergleich zu früheren Generationen sind sie unempfindlich gegenüber dem berüchtigten Memoryeffekt und weisen eine relativ lange Lebensdauer auf. Sie kommen in Notebooks, Tabletts oder Smartphones, aber auch in Haushaltsgeräten oder Elektrowerkzeugen zum Einsatz.
Auch die Elektromobilität (E-Autos, E-Bikes, E-Scooter etc.) ist ohne solche Akkus noch undenkbar. Dort sind leistungsfähige, kompakte und möglichst leichte Akkusätze gefordert, was mit Li-Ionen-Akkus bisher am besten gelingt. Sie lassen sich schnell aufladen und geben ihre Ladung bedarfsgerecht ab. Lithium wird darin in einer ionischen Form verwendet – daher auch der Name „Lithium-Ionen“. Auf Gewicht und Volumen bezogen hat ein moderner Li-Ionen-Akku mit rund 150 Wh/kg oder 400 Wh/Liter das höchste spezifische Energiespeichervermögen unter den wiederaufladbaren Systemen. Im Normalbetrieb ist nach etwa 1000, spätestens aber nach 3000 Ladezyklen die Restkapazität so klein, dass der Akku ersetzt werden muss.
Wechselrichter und Gleichrichter
Eine PV-Anlage liefert Gleichstrom (DC) und wird meist via Wechselrichter an das heimische Wechselstromnetz (AC) angeschlossen. Ein Wechselrichter wandelt DC (von der PV-Anlage) in AC (Hausnetz). Ist ein Hausakku als Stromspeicher vorhanden, ist zu beachten, dass alle Batterien intern ebenfalls mit DC arbeiten. Allerdings verfügen die allermeisten grossindustriell in China hergestellten Li-Ionen-Akkus nur über Ein- und Ausgänge in AC, was die Integration ins Hausnetz erleichtert. Dies bedingt im Akku jedoch je einen Gleichrichter (Wandlung AC vom Hausnetz in DC im Akku) und Wechselrichter (Wandlung DC im Akku in AC für das Hausnetz), siehe Grafik.
Laden von Elektroautos
Man kann auch den Akku eines Elektroautos in das Szenario einbeziehen und ihn als weiteren oder ausschliesslichen Pufferspeicher nutzen. In den weitaus meisten Privathaushalten wird die mit einer PV-Anlage tagsüber erzeugte Energie ins öffentliche Stromnetz eingespeist und der gelieferte Strom vom Energieversorger nur minimal rückvergütet, was der Rendite kaum nützt. In gewerblich genutzten Liegenschaften kann jedoch im Betrieb deutlich mehr Eigenstrom verbraucht oder zum Laden elektrischer Firmenfahrzeuge genutzt werden. So steigt der Nutzen einer hauseigenen PV-Anlage schnell an. Statt Rückvergütung wird einfach weniger Strom zu höherem Tarif aus dem Netz bezogen, was die Investitionen für die Anlage schneller amortisiert.
Ein gemeinsames Problem beider Szenarien ist, dass Aussendienstler einer Firma (Service, Verkauf, Geschäftsleitung etc.) ebenso wie Privatpersonen tagsüber, wenn die PV-Anlage Strom liefert, unterwegs sind und am Standort keinen Solarstrom laden. Eine Zwischenladung des Tagstroms ab PV-Anlage in einem sehr teuren Hausakku und Nach-/Aufladen des Fahrzeugakkus ab Hausakku nachts ist unwirtschaftlich und nicht empfehlenswert. Denn die Umwandlungsverluste für die mehrfache DC/AC/DC-Wandlung und die Ladeverluste durch Erwärmung der Akkus und Leitungen sind viel zu hoch. Je nach Jahreszeit und Ladeszenario gehen bis zu 50 % des PV-Stroms verloren.
Bidirektionales Laden und Smart Grids
Die einfachste und in einigen Modellen erhältliche Variante ist eine im Elektroauto fest verbaute Steckdose, an die man unterwegs elektrische Geräte anschliessen kann. Der Wechselrichter befindet sich dann im Fahrzeug. Man spricht hier von Vehicle-to-Load (V2L) oder Vehicle-to-Device (V2D). Vor allem asiatische Fahrzeuge oder Campingmobile verfügen über diese praktische Möglichkeit (siehe Grafik).
In der zweiten Variante gibt das an die Wallbox angeschlossene E-Auto Energie ans Stromnetz des Hauses ab (Vehicle-to-Home/V2H). Dabei hängt das E-Auto wie beim Laden an der hauseigenen Wallbox und liefert bei Bedarf Hausstrom zum Eigenverbrauch, etwa wenn die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach keinen Strom mehr abgeben kann (nachts, Nebel/Schnee).
Die dritte ist zugleich die anspruchsvollste Variante: Das öffentliche Stromnetz nutzt den in der Batterie gespeicherten Strom, um Lastspitzen abzudecken. Durch dieses Vehicle-to-Grid (V2G) könnte man Tausende von Elektroautos zu einem «virtuellen Kraftwerk» zusammenschalten und damit zur Stabilisierung der Energieversorgung beitragen – mit Blick auf die zunehmenden PV-Anlagen im Netz sehr sinnvoll.
Noch beschränkte Auswahl
Dieses Szenario bedingt eine intelligente Netzsteuerung, welche die Stromnachfrage und -lieferung auch kleinzellig aufeinander abstimmt. Ebenso müssen Ladesäule und Fahrzeugelektronik hard- und softwareseitig auf bidirektionales Laden eingerichtet sein, damit der sensible und teure Fahrzeugakku keinen Schaden nimmt. Leider sind Elektroautos und Wallboxen mit Eignung für bidirektionales Laden noch deutlich teurer als herkömmliche Modelle und das Angebot ist bescheiden (vgl. Tabelle). Auch das Lastmanagement im Stromnetz mit vielen kleinen Stromerzeugern und -bezügern bedingt einen Mehraufwand.
Mögliche Lösung
Eine zunehmende Anzahl vermögender Hausbesitzer mit leistungsfähiger PV-Anlage leisten sich ein zusätzliches, ebenfalls elektrisch angetriebenes Zweitfahrzeug. Die Überlegung dahinter liegt auf der Hand: Man hängt immer mindestens ein E-Auto an die hauseigene Ladeeinrichtung und nutzt die hauseigene PV-Anlage. Man ist je nach Akkuladung flexibler in der Routenplanung und muss unterwegs weniger nachladen, was nicht selten 3-4x so teuer ist wie daheim. Dieser Trend wird durch immer grössere Fahrzeugakkus begünstigt – zurzeit mit bis zu 100 kWh Kapazität. Damit kann man sich den teuren Hausakku sparen, muss aber den Ladezustand des Fahrzeugs im Auge behalten. Sonst findet die nächste Fahrt mit dem E-Bike statt.
Gesamtkonzept
Ein energieeffizientes Haus, das uns mit viel Komfort verwöhnt und auch Elektrofahrzeuge mit Strom versorgt, ist ein oft geträumtes Szenario. Jedoch gibt es dabei einige Detailfragen, welche der Bauherr vor dem Kauf oder Umbau gründlich studieren und mit Fachleuten diskutieren sollte. Denn Fehler bei Planung und Beschaffung treten oft erst dann zutage, wenn das Gesamtkonzept in der Praxis versagt.
Weiterführende Lektüre
Broschüre «Energie – Sonnenklar, Photovoltaik: Technik und Infrastruktur»
(PDF, 26 Seiten, Bezug unter electrosuisse.ch, Suche: Energie_Sonnenklar)